Die Autobahn A4 führt von Breslau (Wrocław) über Kattowitz (Kattowice) nach Krakau (Kraków). Kurz hinter der Industriestadt Kattowitz stehen Hinweisschilder nach Oświęcim. Der deutsche Name dieses Ortes ist Auschwitz.
Ein Besuch in der Gedenkstätte KZ Auschwitz ist Pflicht für jeden Deutschen, der den Süden Polens besucht. Jedes Jahr fahren zu diesem Ort der Vernichtung und des unbeschreiblichen Leids Millionen Menschen aus allen Ländern der Erde. Uns fiel es sehr schwer diesen Ort deutscher Verbrechen zu besuchen. Als Deutsche fühlten wir uns in direkter Verantwortung für das Grauen, das an diesem Ort von Nazi-Deutschen organisiert und in den 1940er Jahren ausgeführt wurde. Wir unterhielten uns nur leise auf Deutsch weil wir meinten, die Mitbesucher könnten uns strafend anschauen aber eher schwiegen wir, um das was wir hier sahen in uns selber aufzuarbeiten.
Die Nationalsozialisten mit ihrem Anführer Hitler hatten früh Andersdenkende, Intellektuelle und Juden erst diffamiert und dann offen verfolgt. Als dann Hitler mit seiner Wehrmacht 1939 Polen überfiel und den Zweiten Weltkrieg auslöste fielen alle verbliebenen Skrupel und die systematische, industrielle Vernichtung von Menschen, die zufällig in ein negatives Raster fielen, nahm ihren Lauf.
Zuerst gründeten und unterhielten die Nazis, genauer die SS, in den besetzten Gebieten wie im Deutschen Reich üblich Konzentrationslager als Arbeitslager. In Auschwitz wurden dazu 1940 bestehende polnische Kasernen zum KZ Auschwitz I umgebaut. Man hielt hier polnische Intellektuelle, Widerstandskämpfer und andere Menschen fest, die sich in irgendeiner Weise gegen die Besatzungsmacht auffällig benommen hatten. Die Menschen wurden an Aussenlager zur Zwangsarbeit (Vernichtung durch Arbeit) geschickt oder direkt im Lager auf verschiedene, bestialische Weise getötet. Heute ist das KZ Auschwitz I ein Museum, das sehr eindrucksvoll die Nazi Verbrechen in Ausschwitz dokumentiert. Besonders beeindruckend sind die Photogalerien der Häftlinge in gestreifter Häftlingskleidung an vielen Wänden, die einen immer wieder fragend und anklagend anzuschauen scheinen.
Als die Nazi Wehrmacht 1940 große Teile Europas besetzt hatte und besonders als Hitler die Sowjetunion im Juni 1941 überfiel sah sich die SS unter Himmler bei der Judenvernichtung am Ziel. Himmler ließ Standorte für die systematische, industrielle Massenvernichtung von Juden und anderer, für die Nazis minderwertiger Menschen suchen und ausbauen. Auschwitz lag verkehrsgünstig. Auschwitz hatte einen Gleisanschluß an Eisenbahnverbindungen nach Österreich und in den Balkan, Breslau und Berlin und nach Warschau und den Osten. Im Dorf Birkenau, 3 Kilometer westlich des Stammlagers, baute man 1941 das Vernichtungslager Auschwitz II oder Auschwitz-Birkenau. Das kleine polnische Dorf Birkenau (Brzezinka) wurde zerstört und an seiner Stelle Baracken, ein Gleisanschluss mit Selektionsrampe, Krematorien mit unterirdischen Gaskammern und Einzäunungen mit Wachtürmen errichtet.
Die Vernichtungsmaschine in Auschwitz-Birkenau lief wie geschmiert. Sie verschlang insgesamt 1,1 bis 1,5 Millionen Juden aus ganz Europa, Polen, Roma und Sinti und viele andere Menschen. Alte und Junge, Männer, Frauen und Kinder. Zuerst war diese Höllenmaschine gut organisiert. Alle Ankömmlinge wurden registriert und auf Karteikarten mit Photo archiviert, später wurde man den Massen die ins Vernichtungslager geschickt wurden nicht mehr Herr und man vergaste die Menschen ohne Registrierung gleich nach der Ankunft mit Zyklon B Gas in den Gaskammern, die auf Hochtouren liefen. Anschließend wurden die Leichen in Krematorien verbrannt. Die vier Gaskammern mit angeschlossenen Krematorien sprengte die SS noch bevor die Rote Armee Auschwitz einnehmen konnte. Dann machte man sich aus dem Staub nicht ohne noch tausende Häftlinge auf einem Todesmarsch gen Westen mitzunehmen.
Was wir uns bei der Besichtigung dieser riesigen Vernichtungsmaschine in Auschwitz-Birkenau immer wieder fragten: Wieviel Menschen wussten von dieser Tötungsmaschine oder konnten es ahnen? Wieviele Firmen in Deutschland bekamen aus Auschwitz Haare, Zahngold oder andere persönliche Sachen der Ermordeten, wieviele Menschen waren Teil dieser Verwertungskette? Wieviel Reichsbahnbedienstete waren in den Massentransport der Menschen in Viehwaggons eingebunden, haben Weichen gestellt und Signale? Man schätzt, dass etwa 8.000 SS-Leute in den Lagern Dienst taten. Warum haben nur wenige um Versetzung gebeten obwohl die Nazis solche Fälle geräuschlos abwickelten und diesen Gesuchen nachkamen, damit nichts nach draußen drang?
Nach dem Krieg wurde eine strafrechtliche Aufarbeitung der Verbrechen des Nazi Regimes in der Bundesrepublik Deutschland auf allen Ebenen torpediert. Die Justiz war damals durchsetzt mit Altnazis und politisch fehlte der Wille. Man hatte im Ost-West Konflikt schon wieder andere Sorgen. Nur Fritz Bauer, Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main und selbst Jude und Verfolgter des Nazi Regimes gelang es Anfang der 60er Jahre, die Justiz zum berühmten Auschwitz Prozeß „Strafsache gegen Mulka u. a.“ zu bewegen und Anklage gegen Mitglieder der SS Wachmannschaft von Auschwitz zu erheben. Die letztlich ausgesprochenen Strafen waren lächerlich gering wenn man vergleicht wie unsere Justiz heute mit Angeklagten umgeht, die beschuldigt werden, einer terroristischen Vereinigung anzugehören.
Zum Schluß sei noch kurz erzählt was aus dem Kommandanten von Auschwitz, Rudolph Höß geworden ist. Er war maßgeblich am Aufbau von Auschwitz-Birkenau beteiligt und an der Perfektionierung der Menschenvernichtung in Gaskammern und er war Kommandant von Auschwitz. In einem Bericht des NDR unter dem Titel: „Er hat das Schwein von Auschwitz geschnappt“ kann man nachlesen, dass Höß sich auf einem Hof in Schleswig-Holstein, getrennt von seiner Frau und den 5 Kindern und unter falschem Namen, nach dem Krieg versteckt hatte und der britische Militärangehörige Hanns Alexander ihn aufspürte. Höß wurde als Zeuge im Kriegsverbrecherprozeß in Nürnberg vernommen und danach an Polen ausgeliefert. Hier wurde ihm der Prozeß gemacht und er wurde zum Tode verurteilt. Er selbst berief sich immer darauf, nur Befehle ausgeführt zu haben für die er nicht die Verantwortung trägt – wie es viele andere auch taten. Höß wurde am 16. April 1947 in Auschwitz, am Galgen des Stammlagers, an dem er so viele KZ Insassen aufhängen ließ, und mit letztem Blick auf die Lagerbaracken, erhängt.
Unsere etwa 5.100 Kilometer lange Tour quer durch Ostdeutschland, den Süden Polens, Masuren und über Hamburg zurück nach Köln in 33 Tagen als gpx-Track findet sich zum Download hier:
Track_nach_Polen (1,4 MiB, 916 hits)
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