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Rund um Tromsø

Auf der Europastraße E8 fahren wir von Finnland hinüber nach Norwegen. Der erste nennenswerte norwegische Ort ist Skibotn und wir steuern gleich den nächstgelegenen Campingplatz Olderelv Camping an. Wir sind viel gefahren, haben noch in Finnland den Pikku Malla bestiegen, sind daher müde und beschließen, das Zelt aufzubauen und auszuschlafen, bevor wir in Norwegen richtig ankommen wollen.

Skibotn ist ein kleiner Ort mit ca. 1.000 Einwohnern in der norwegischen Provinz Trom, deren Hauptstadt Tromsø ist. Eigentlich ist dieser Flecken am südlichen Ufer des Lyngenfjords ganz unbedeutend, für uns ist er aber der Ort, an dem wir uns entscheiden müssen: Fahren wir auf der Europastraße E6 Richtung Nordosten zum Nordkap oder gleich Richtung Südwesten zu den Vesterålen und den Lofoten, unserem Traumziel. Wir entscheiden uns nach einigen Diskussionen gegen das Nordkap. Andreas in Deutschland hatte schon vom Nordkap abgeraten: Riesen Touristenrummel dort, da jeder Norwegentourist einmal am Nordkap, dem nördlichsten Festlandpunkt Europas, gewesen seien will. Es sei viel Fahrerei erst hin und dann alles wieder zurück und die Landschaft ist im Vergleich zum Südwesten Norwegens eher öde. Deutsche Motorradfahrer trafen wir im finnischen Kukkolaforsen. Sie kamen gerade vom Nordkap und meinten, dass man 25€ Eintritt pro Person für die letzten Meter Europa bezahlen muss und dann doch nur im dichten Nebel stochert und gegen den Nieselregen ankämpft. Unsere Entscheidung ist gefallen. Auf der E6 biegen wir links ab in Richtung Tromsø.

Wir fahren am östlichen Ufer des Balsfjord entlang und erleben zum ersten Mal auf unserer Reise eine norwegische Fjordlandschaft. Die grauen Wolken hängen dicht und tief zwischen den Küstenbergen und Schneefelder erkennen wir an geschützten Berghängen. Das kristallklare, kalte Meerwasser des europäischen Nordmeeres hat sich zur Ebbe weit zurückgezogen und dunkler, vom Wasser geschliffener Granitfelsen liegt frei. Welch ein Unterschied zur finnischen Landschaft der 1.000 Seen und ausgedehnten Wälder!

Unser Ziel ist Tromsø. Die kleine Stadt mit gut 70.000 Einwohnern liegt schon erstaunliche 350 Kilometer nördlich des Polarkreises, auf der geographischen Breite Nord-Alaskas! Ihr altes Zentrum wurde mitten im breiten Balsfjord erbaut, auf der Insel Tromsøva. Die Stadt wirkt modern mit attraktiv gestalteten, funktionalen Neubauten umgeben und umstellt von alten Häusern in der typischen, skandinavischen Holzbauweise. Wir parken am Hafen und schlendern an kleinen Werften vorbei, entlang der Kaimauer bis zur Anlegestelle der Hurtigruten, wo just die Nordkapp vor Anker liegt und Scharen von älteren Touristen das Schiff verlassen.

Die Nordkapp, ein Schiff der Hurtigruten, brachte uns wieder zurück zur Nordkap Idee. Wir könnten doch mit einem Schiff bis fast zum Nordkap, vielleicht Hammerfest, fahren und dann den Rest des Weges und zurück auf das Auto umsteigen. Schnell fanden wir in Hafennähe das Büro der Hurtigruten Reederei. Auf einem der nächsten Schiffe wäre auch Platz für uns inklusive Kabine gewesen aber nicht für das Auto. Da muss man jetzt in der Hauptsaison früher buchen. Nun gut, das ist der Preis dafür, dass wir Reisen meistens sehr schludrig planen. Auf jeden Fall ist es eine nette Alternative zur exzessiven Autofahrerei, wenn man einen Teil der Norwegischen Fjordlandschaft mit dem Schiff bereist. Strecken mit den Schiffen der Hurtigruten von Trondheim oder Bodø nach Tromsø oder weiter in den Norden hinauf sind empfehlenswert.

Wir schlendern noch ein wenig durch die Innenstadt Tromsøs, besuchen den Dom, eine der größten Holzkathedralen der Welt, die Tromsøbrua oder Tromsöbrücke, eine imposante Spannbetonbrücke aus den 1960er Jahren, die den Tromsøysund überspannt und die Insel Tromsøya mit dem Festland verbindet. Dann fahren wir hinaus aus der Stadt ein paar Kilometer weiter zur kleinen Insel Håkøya.

Genau hier in dieser Bucht, wo die Leute auf dem linken Bild suchend auf das Meer schauen, lag vor über 70 Jahren das größte Schlachtschiff der Deutschen Wehrmacht, die Tirpitz. Sie war über 250 Meter lang, hatte 50.000 Tonnen Wasserverdrängung, eine unglaublich dicke und harte Panzerung sowie 38cm Bordkanonen. Sie war mit dem Schwesterschiff, der Bismarck das größte Schlachtschiff der Welt. Im April 1940 überfiel Hitlers Wehrmacht Dänemark und Norwegen. Um Erzlieferungen aus Schweden und Norwegen zu sichern wurden Marineschiffe und auch die Tirpitz in die Fjordlandschaft Norwegens verlegt. Später, nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion im Juni 1941, kam außerdem die wichtige Aufgabe hinzu, Versorgungslieferungen der Briten zum russischen Hafen von Murmansk zu unterbinden. Allein die Anwesenheit der Tirpitz nördlich von Tromsø störte die reibungslose Versorgung der Sowjetunion mit Rüstungsgütern durch stark gesicherte Schiffsconvoys über die Nordroute dermaßen, dass Churchill den Entschluss fasste, die Tirpitz zu vernichten. Zuerst setzten die Briten Mini U-Boote ein, um das Schiff im Kåfjord bei Alta zu zerstören, was auch fast gelang. Das schwer beschädigte Schiff konnte mit viel Aufwand repariert werden und man endschied sich, es weiter südlich vor die Insel Håkøya zu verlegen. Hier zerstörten britische Bomber das Schiff endgültig am 12. November 1944 mit eigens konstruierten Tall-Boy Bomben mit je ½ Tonne Sprengstoff. Nach dem Krieg wurde das riesige, auf der Seite liegende und weit aus dem Wasser ragende Kriegsschiff verschrottet. Trotzdem gibt es für Taucher immer noch einzelne, bescheidene Reste der Tirpitz vor der Insel Håkøya unter Wasser zu besichtigen.

Wer die Odyssee der Tirpitz in einer sehr guten Dokumentation des Fernsehsenders Phoenix mit vielen eingestreuten Interviews damals Beteiligter sehen möchte, dem kann ich das folgende Video sehr empfehlen.
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Wir verlassen diesen geschichtsträchtigen Ort auf der Insel Håkøya in dieser herrlichen Landschaft und fahren den Balsfjord am westlichen Ufer entlang bis wir wieder auf die Europastraße E6 treffen. Nach etwa 30 Kilometer in westlicher Richtung fahren wir in Bardufoss links ab in eine kleine Nebenstraße, die immer enger wird und deren Belag bald von Teer zu Schotter wechselt. Wir folgen den Schildern nach Målselvfossen und gelangen schließlich zum Campingplatz unserer Wahl. Fossen heißt auf Deutsch Wasserfall. Wir sind also an einem Wasserfall des Flusses Målselva angekommen und nicht auf einem einfachen Campingplatz sondern in einem kleinen Ferienzentrum mit Campingwiese, Sanitäreinrichtung, Restaurant mit großer Terrasse und herrlichem Ausblick auf den Fluss und Übernachtungshütten. Von der Terrasse des Restaurants aus aber auch von einem schmalen Weg am Ufer des Flusses sind viele der Fotos am Ende des Artikels entstanden. Die ersten vier zwischen 21 und 22Uhr, der Rest nach 1Uhr nachts. In Deutschland wäre es da schon stockdunkel aber nicht Ende Juli nördlich des Polarkreises.



Unsere fast 7.200 Kilometer lange Skandinavientour als gpx-Track findet sich zum Download hier:

  Track_Skandinavien (2,0 MiB, 1.370 hits)


und einige Wegepunkte, die wir im Artikel erwähnt haben, finden sich im gpx Format hier:

  Wegepunkte_RundumTromsoe (156,1 KiB, 973 hits)


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