Der ‚Parque National los Glaciares‘ in Argentiniens südlichen Anden besteht aus zwei Teilen: Dem südlichen mit den imposanten Gletschern und dem nördlichen um das Fitz Roy Granitmassiv mit Wanderwegen.
Allerdings muß man, um vom südlichen Nationalpark, vom Städtchen El Calafate aus in den angrenzenden nördlichen zu kommen, zuerst am südlichen Ufer des Lago Argentino entlang, 30 Kilometer weit in die patagonische Pampa in östliche Richtung zurückfahren. Anschließend fährt man 100 Kilometer Richtung Norden auf der berühmten ‚Ruta Quarenta‘ oder RA 40, die Teil der Panamericana ist und schließlich 90 Kilometer wieder westlich am nördlichen Ufer des Lago Vietma entlang, bis man nach insgesamt 220 Kilometern endlich El Chaltén erreicht hat.
Der kleine Ort El Chaltén bezeichnet sich selbst am Ortseingangsschild stolz als ‚Nationales Zentrum zum Wandern‘. Von hier aus starten die gut angelegten, gepflegten und auch intensiv von Touristen, alt wie jung, benutzten Wanderwege, die weit hinauf und dicht heran an die Granittürme des Fitz Roy Massivs führen.
El Chaltén ist erst 1985 gegründet worden, nicht etwa um den Tourismus zu entwickeln sondern um Argentiniens Anspruch auf das etwa 3.400 Meter hohe Fitz Roy Massiv gegenüber Chile zu demonstrieren. Der Grenzverlauf um den Fitz Roy ist nämlich zwischen beiden Nachbarländern nicht wirklich vertraglich geregelt sondern nur auf eine später zu erfolgende Verhandlungsrunde verschoben worden. Trotz dieser Unstimmigkeiten zwischen beiden Nachbarländern geht es hier friedlich zu, es gibt sogar kein argentinisches Militär im Ort, um Argentiniens Machtpräsenz in der Region zu zeigen. Von Chile aus wäre der östliche Teil des Fitz Roy sowieso nur über ein riesiges Schneefeld und die schroffe Gipfelkette der hohen Andenberge zu erreichen und das ist wohl auch für südamerikanische Militärs nicht unbedingt eine attraktiv Herausforderung.
In unserem Lonely Planet Reiseführer für Argentinien von 2010 mit dem Fitz Roy als Titelbild, wurde vor El Chaltén gewarnt: Es ist eine kleine, auf Tourismus ausgerichtete Siedlung, es gibt keinen Geldautomaten und keine richtige Tankstelle. Wir rechneten mit dem Schlimmsten.
Wir fanden, dass auch El Chaltén ein sehr anmutiges kleines Touristenstädtchen ist. Überall wird gewerkelt, viele junge Leute mit kreativen Ideen gründen Hotels, Hostels, Restaurants und Cafes. Manche Einheimische wohnen in Containern oder alten Wohnwagen um ihr Häuschen oder ihre kleine Boutique daneben fertig zu bauen oder um hier nur während der wenigen Sommermonate provisorisch zu wohnen und zu arbeiten um dann im Winter in angenehmere, wärmere Orte Argentiniens zu ziehen. Die Infrastruktur des Ortes hält nicht immer mit dem rasanten Wachstum Schritt: Die Betreiberin unseres Hostels erzählte uns, dass noch bis vor ein paar Jahren der Strom für unbestimmte Zeit abgeschaltet wurde, es nur ein Telefon im Ort gab und dass man schon froh ist, heute ein langsames Internet zur Verfügung zu haben. Handynetze sucht man mit den mobilen Telefonen vergebens. Herausforderungen für die Ortsverwaltung muß es auch für die Zukunft noch geben.
Gleich am Ortseingang gab es eine etwas gammelig aussehende Zapfsäule zu der wir sofort bei Ankunft in El Chaltén hinfuhren. Den Tankwart mußten wir erst suchen und von seinem Fernsehsessel aufschäuchen, es war schließlich Sonntag. Etwas mißmutig füllte er aber Superbenzin in den Tank unseres Fiat – uns fiel schon mal ein Stein vom Herzen: Eine Sorge weniger.
Gegenüber der Zapfsäule gibt es einen neuen, flachen, weiss gestrichenen Verwaltungsbau der die Ticketschalter für die Überlandbusse beherbergt, eine Touristeninformation, die Autozulassungsstelle des Ortes und einen Raum mit einem ATM Geldautomaten. Das aufgeklebte zweisprachige Schild ‚No Funciona/Not Working‘ ließ nichts Gutes ahnen. Wir fragten nach: Ja, der Automat wird nur Montags um 15:00 Uhr befüllt. Heute, am Sonntag ist er natürlich leer. Nun gut, das verstanden wir, dann kommen wir Morgen wieder. In Vorsorge auf das was uns Abenteuerliches in Argentinien erwartet, haben wir uns auch angewöhnt, argentinische Pesos immer in ausreichender Zahl dabei zu haben.
Am nächsten Tag um 15:00 Uhr fanden wir uns am ATM Geldautomaten ein und stellten uns geduldig in die Warteschlange vor den kleinen heiligen Raum, in dem die ATM Maschine stand. Junge Männer vor uns drängten zum Geldautomaten. Worte wurden gewechselt, irgendetwas funktionierte in der komplexen Banksoftware wohl nicht so, wie sie das erwartet hatten. Es wurde lauter, eine ältere argentinische Frau michte sich ein. Die Frau ging wieder weg, die Männer, die aus Israel zum Wandern gekommen waren, blieben mit ihrem Geldproblem zurück. Sie beschwerten sich laut über die schlechte Benutzerführung und probierten vergebens, der Maschine argentinische Pesos, die sie zur Bezahlung ihres Bustickets benötigten, zu entlocken. Plötzlich kam Unruhe auf: Zwei Autos der lokalen Polizei fuhren vor und drei Polizisten stürmten herein. Sie besetzten den heiligen Raum des Geldautomaten und drängten die jungen Männer hinaus und machten ihnen klar, dass sie sich am Ende der langen Schlange wieder friedlich und gesittet einreihen dürfen. Wir fanden es unfair. Eigentlich hätten die Polizisten die schlechte Banksoftware rausschmeißen oder gleich den ganzen unfähigen Geldautomaten ins Gefängnis einsperren sollen. Dann wäre endlich mal der wirklich Schuldige bestraft worden.
Bargeld braucht man in Argentinien und Chile fast immer. Beim Tanken sowieso, in den Hotels und Hostels der preiswerteren Klasse auch und in Restaurants und Cafes ebenfalls. Ist auch draußen an der Tür des Restaurants ein Mastercard oder Visa Sticker aufgeklebt so erlebten wir es häufig, dass drinnen am Tresen ein Zettel auslag: ‚Hoy no acceptar tarjetas‘ um dem Gast unmissverständlich zu sagen, dass heute keine Kreditkarten akzeptiert werden. Wie uns ein Argentinier auf unsere Nachfrage vertraulich erklärte, hat das etwas mit der Brutto gleich Netto Wirtschaft zu tun in der es keine ehrlichen Steuerzahler gibt. Aber das kennen wir ja auch in Europa am Beipiel Griechenlands aber nicht nur dort.
Einige angehängte Fotos zeigen Ansichten von Straßen und Häuschen des Ortes El Chaltén, andere unsere Wanderungen zum Fitz Roy hinauf. Bei den Bergbildern waren die Zinnen des Fitz Roy immer in unserem Blick was auch die Fotos widergeben. Jetzt im Herbst zeigen sich die Blätter der alpinen Büsche und Bäume in verschiedenen Rottönen, in nettem Kontrast zum strahlend blauen Himmel an diesen beiden angenehm warmen Tagen im März 2012. Wir sind die Wanderwege ‚Lago de Los Tres‘ und zum ‚Mirrador Torre‘ gegangen.
Mit einem argentinischen Führer gibt es auch für fitte, erfahrene Alpinisten einen dreiwöchigen Rundweg beginnend in El Chaltén über die Gletscher und Schneefelder auf der westlichen Seite des Fitz Roy Massivs entlang des Fitz Roy Berggrates zum Glaciar Videma und zurück nach El Chaltén.
Nicht versäumen möchten wir, unsere Hosteria Altas Cumbres in El Chaltén zu erwähnen. Hier haben wir uns wohl gefühlt und konnten alle Wanderungen ohne das Auto zu bewegen von der Hosteria aus beginnen.
Am Schluß des Artikels gibt es unseren Fahrweg für diesen Streckenabschnitt wie üblich als GPS Track File hier zum Download:
ARGFitzRoy.zip (34,6 KiB, 1.266 hits)
Schlagworte: Argentinien, Weltreise
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