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Island auf dem südlichen Ring

Island verspricht auf jeder Multimedia Show ein großartiges Erlebnis zu werden. Herausragende Landschaften, unberechenbares, nordisches Wetter, Gletscher und abenteuerliche Hochlandfahrten mit einem Allradfahrzeug in unwegsames Gelände mit tiefen Flussfurten und spektakuläre Wasserfällen. All das bekommt man bei einem Island Vortrag geboten. Wir, mein jüngster Sohn und ich, haben beschlossen, eine kurze aber intensive Stipvisite im Herbst 2018 auf diese entlegene Insel im Nordmeer zu wagen.

Schon 2017 wollte mein jüngster Sohn Christian mit mir nach Island. Auf Vater und Sohn Tour. Er hatte sich einen Island Reiseführer gekauft und viele, must-go Sehenswürdigkeiten gelb markiert. Mit einem Mietauto und Bodenzelt wollte er mit mir die Ringstraße und den Golden Circle im Westen Islands befahren. Im Herbst. Mir schauderte. Ich sah uns schon im Zelt liegen, frieren, dem prasselnden, endlosen Regenschauern lauschen und darüber diskutieren wie wir aus den warmen, trockenen Schlafsäcken ins Auto flüchten können. Nein, im Bodenzelt im September in Island, das ist nichts für mich. Also haben wir die geplante Islandfahrt erst einmal verschoben aber diesen Herbst war es dann soweit.

Bei einer Internetrecherche zu Reiseagenturen, die Individualreisen nach Island aber auch Grönland und andere nordische Länder anbieten, stieß ich auf das Berliner Reisebüro Island Reisen. Ich buchte dort zwei Direktflüge mit Icelandair von Hamburg zum isländischen, internationalen Flughafen Kevlavik im Südwesten der Insel und einen Allradcamper, einen Toyota HiLux mit Camperaufsatz. Toyota HiLux Autos kennen wir von unseren Reisen ins südliche Afrika. Sie sind richtige Arbeitstiere, robust, zuverlässig und geländetauglich und damit sicher auch fürs isländische Hochland geeignet. Also buchten wir für zehn Tage, vom 8. bis 18. September, zwei Islandflüge und den Toyota.

Der Flug von Hamburg nach Island ist relativ kurz. In gut drei Stunden hat ein modernes Flugzeug die etwa 2.000 Kilometer über die Nordsee geschafft. Island gehört zwar nicht zur Europäischen Union aber zum Schengen Raum. Das macht die Einreise für EU Bürger sehr einfach. Der Flughafen Kevlavik ist überschaubar. Schnell haben wir einige Euros in isländische Kronen gewechselt und stellen uns beim Bílaleiga Akureyrar/Europcar Schalter an, um nach dem Mietauto zu fragen. Nach etwas Wartezeit ging es mit einem Minibus weiter ins Europcar Depot für Campervans aller Größen ein paar Kilometer außerhalb des Flughafens. Wir erledigten dort alle Formalitäten und ließen uns das fast neue Fahrzeug und die Campingausrüstung erklären. Das hydraulisch hebbare Camperdach fanden wir chic und notwendig, die eingebaute Standheizung hielten wir für überflüssig, ein nettes Gimmick vielleicht. Aber das sollte sich ändern.

Island liegt knapp südlich des nördlichen Polarkreises zwischen Europa und Nordamerika. Die Insel ist flächenmäßig etwa so groß wie die frühere DDR aber es leben auf der Insel nur etwa 350.000 Isländer. Island ist ein wohlhabendes Land. Das Pro-Kopf Einkommen liegt deutlich höher als in Deutschland trotz der großen Finanzkrise, in die das Land durch einheimische Banken 2008 gestürzt wurde und die fast in einer Staatspleite endete. Durch eine schmerzliche Austeritätspolitik und viel Werbung zum Anlocken zahlungskräftiger Touristen konnte die existenzbedrohende Finanzkrise in den letzten Jahren überwunden werden.

Und Island ist eines der landschaftlich schönsten und attraktivsten Länder, die wir gesehen haben. Auf dieser doch recht kleinen Insel gibt es ein riesiges Eisfeld, den Vatnajökull. Dieser Gletscher bedeckt 8% der Fläche Islands und ist der größte Europas. Im Süden der Insel reicht er bis hinunter zum Meer und ist ein toruistischer Höhepunkt jeder Islandreise. Dann stößt man im ganzen Land auf erstarrte schwarze oder rote Lava, die von dicken, grünen Mooskissen überwachsen ist. Die Lava resultiert aus gewaltigen geologischen Katastrophen bei denen aus aufbrechenden Erdspalten Erdmagma ausfließt und Vulkane riesige Aschewolken ausspeien. Die immense geologische Aktivität und das nordatlantische Regenwetter läßt Flüsse anschwellen und spektakuläre Wasserfälle entstehen. Mischt sich das kalte Flußwasser mit natürlichen, thermischen Quellen kann man ein angenehm temperiertes Thermalbad in freier Natur genießen. Fährt man die geteerte, 1.400 Kilometer lange Ringstraße um die Insel, wird der Urlaub im Sommer eine entspannte Urlaubsreise, will man etwas Abenteuer, dann muß man ein Allradfahrzeug mieten und ins isländische Hochland hinauf. Hier findet man Einsamkeit und Schotterpisten mit spektakulären Ausblicken in die wilde isländische Landschaft. Genau danach stand auch uns der Sinn.

Die erste Nacht in Island verbringen wir auf dem Campingplatz Grindavík und kaufen am nächsten Morgen im gut sortierten Supermarkt Krónan in Reykjanesbæ ein. Dann fahren wir auf die Ringstraße, Richtung Osten. Wir fahren am Eyafjallajökull vorbei, einem Vulkan mit Eispanzer, der 2010 ausbrach und mit seiner Aschewolke den europäischen Luftverkehr erheblich beeinträchtigte und weiter am Gletscherfeld Mýrdalsjökull und dem Städtchen Vík í Mýrdal vorbei. Kurz hinter Vík í Mýrdal biegen wir links ab und folgen auf der Schotterstraße den Hinweisschildern Camping þakgil. Dies sind die ersten 16 Kilometer auf schwarzen, isländischen Hochlandstraßen die uns zu einem abgeschiedenen Campingplatz führen. Nimmt man sich etwas Zeit, dann kann man von hier aus schöne Wanderungen bis an den Fuß des Mýrdal Gletschers machen.

Wir fahren allerdings am nächsten Morgen wieder zurück auf die Ringstraße und nach etlichen Kilometern rechts in die Nebenstraße 218 zum Dyrhólaey Leuchtturm. Dieser Leuchtturm steht auf einer Klippe in exponierter Stellung hoch über dem Meer. Von hier oben hat man einen herrlichen Ausblick auf den schwarzen Strand von Kirkjufjara. Für manche Island Enthusiasten ist dieser pechschwarze Strand der schönste Strand der Welt, sagt jedenfalls unser Reiseführer. Zusammen mit der jetzt im September herbstlich braun gefärbten Vegetation könnte man dem durchaus zustimmen.

Weiter geht es auf der Ringstraße. Wir besuchen die tiefe und beeindruckende Fjaðrárgljúfur Schlucht. Hier hat sich der Fluss Fjaðrá tief in das vulkanische Gestein gegraben und einen beeindruckenden, bis zu 100 Meter tiefen Canyon gegraben. Ein schöner Wanderweg führt zu atemberaubenden Aussichtspunkten. Um die Abfahrt von der Ringstraße zur Fjaðrárgljúfur Schlucht nicht zu verpassen achte man auf entsprechende Hinweisschilder.

Die Landschaft wird nun immer grandioser. Wir nähern uns dem Vatnajökull, sehen in der Ferne Gletscher in den Bergen hängen. Wir durchfahren eine weite Ebene und überqueren auf einer langen Brücke den Skeiðará Fluss, der in einem weiten Delta auf tiefschwarzer Lava einen Seitenarm des Vatnajökull ins Meer entwässert. Wir sind so fasziniert von dieser Landschaft, dass wir gar nicht bemerken, wie sich der Himmel zuzieht, dichte Nimbostratus Wolken aufziehen und sich Regen ankündigt.

Bei einsetzendem Dauerregen erwandern wir in Regensachen im Skaftafell Nationalpark den Svartifoss Wasserfall, der sich über eine Felskante dem Meer entgegen stürzt. Die Basaltsäulen in der Felswand sind einzigartig. Sie scheinen den Wasserfall förmlich wie Orgelpfeifen einzurahmen. Der Wanderweg zum Svartifoss führt in dichtem Buschbestand steil bergauf. An einigen Stellen tritt man ins Freie und hat einen tollen Ausblick in die Ebene aufs Meer und erhascht auch einen flüchtigen Blick auf den Eispanzer des Vatnajökull.

Wir haben in den ersten Tagen auf Island gelernt, dass man viel Zeit braucht, um sich die vielen Sehenswürdigkeiten, die neben der Straße liegen, anzuschauen. Die Ringstraße als Ganzes in 10 Tagen zu fahren haben wir aufgegeben. Für uns nicht so attraktiv und auch nicht zu schaffen. Unseren Plan ändern wir: Im kleinen Ort Höfn (auf deutsch: Hafen) umdrehen, dann zurück fahren und in den sogenannten Golden Circle im Großraum Reykjavik einbiegen. Aber erst mal übernachten wir auf dem einzigen Campingplatz von Höfn und ergänzen im örtlichen Supermarkt unsere Lebensmittelvorräte.

Die 150 Kilometer lange Strecke auf der Ringstraße vom Svartifoss bis Höfn bietet viele spektakuläre landschaftliche Höhepunkte. Hier kommt das Gletscherfeld des Vatnajökull bis fast hinunter ans Meer. Es gibt viele, kurze Schotterwege, die direkt an die Kante abgehender Gletscher führen, die man in beeindruckender Größe vor sich sieht und die man auf eigenes Risiko begehen kann. Agenturen bieten Skimobil- oder sogar Bustouren auf dem Gletschereis an oder man kann ohne Motorisierung mit Führer, Steigeisen und Eispickel auf einem der Gletscher weite Touren unternehmen.

Wir besuchten den Hoffulsjökull bei Höfn abends und am nächsten Morgen (siehe Artikelbild). Einzigartig! Wir bogen ab in die F985 und fuhren mit Blick auf den Vatnajökull bis hinauf zur Joklasel Endstation wo Gletschertouren weit hinauf auf den Vatnajökull angeboten werden. Wir parkten auf dem großen Parkplatz des Gletschersees Jökulsárlón direkt an der Ringstraße. Der See wird gespeist vom Breiðamerkurjökull Gletscher. Große Eisberge kalben in den Gletschersee und treiben hinaus ins offene Meer. Nicht verpassen darf man die Abfahrt zum Fjallsárlón. Auch hier schwimmen große Eisberge im Gletschersee, der vom Vatnajökull gespeist wird.

Wir sind schwer beeindruckt von Islands landschaftlicher Schönheit. Dabei haben wir erst einen Teil gesehen. Uns zieht es ins isländische Hochland. Uns erwartet eine wilde Lavalandschaft, Gletscher, Wasserfälle und Flussfurten. Fortsetzung folgt im nächsten Artikel.


Unsere etwa 2.200 Kilometer lange Tour durch das südliche Island in 10 Tagen als gpx-Track findet sich zum Download hier:

  Island_Track_2018 (886,6 KiB, 561 hits)


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